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Vorbereitung

Die Planung einer Radtour hängt in erster Linie davon ab, wie lange sie dauern soll. Ist das eine Binsenweisheit? Nein, denn ein großer Teil der Ausrüstung ist unumgänglich, egal, ob man einen Monat oder zehn Jahre unterwegs ist. Je länger eine Tour dauert, desto mehr lässt sich die Menge der Kleidung beschränken. Kaum ein Kleidungsstück hält zehntausende Kilometer Radelei aus. Es muss unterwegs ersetzt werden, also kann man beim Start sparsam sein.
Wer nicht Besitzer einer Immobilie ist, muss sich vor einer mehrmonatigen Abwesenheit von der Heimat abnabeln. Für uns kam es nicht in Frage, über diese lange Zeit die Miete einer leerstehenden Wohnung zu bezahlen. Untervermietung war mit unseren Hausverwaltern nicht zu machen, außerdem kann man seinen Untermietern fairerweise nicht zumuten, sozusagen auf Abruf einzuziehen - wer kann tatsächlich den Zeitpunkt der Rückkehr voraussagen?
Bleibt also das Problem, die Wohnungseinrichtung an einem trockenen und bewachten Ort zu deponieren. Wir haben es gelöst, indem wir in den Häusern unserer Eltern einen Speicherplatz zugewiesen bekamen. Wem das nicht möglich ist, sollte bei Landwirten oder Handwerkern fragen, die manchmal gegen eine geringe Miete Lagerraum zur Verfügung stellen. Auch Speditionen bieten diesen Service an, bei ihnen kostet er jedoch ziemlich viel Geld.
Jeder, der nicht selbständig ist oder von seinem Arbeitgeber keinen unbezahlten Urlaub erhält, muss auch darauf achten, die gesetzlichen Fristen zur Kündigung des Arbeitsvertrages einzuhalten.
Und dann sind natürlich Abonnements, Vereinsmitgliedschaften, Versicherungsverträge u.s.w. zu kündigen oder auf Eis zu legen.

Route:
Amerika ist aus mehreren Gründen ein charmanter Radl-Kontinent. Bürger der EU müssen keine aufwändigen Visa-Prozeduren durchlaufen, man kommt mit zwei Sprachen aus und kann in gewohntem Klima in den USA starten, um sich konditionell auf die Anden und die Hitze Südamerikas einzustellen.
Wer nicht beabsichtigt, sportliche Rekorde zu brechen, kann sich mit der Detailplanung der Route Zeit lassen, bis er vor Ort ist. Es scheint uns nicht sinnvoll zu sein, sich allzusehr auf einen Weg einzuschießen, den man vielleicht (z. B. wegen Überschwemmungen, Erdrutschen) ohnehin nicht einhalten kann. Die Reisegeschwindigkeit ergibt sich ebenfalls durch die Bedingungen des Weges. Ohne Zeitvorgaben stellen sich keine Enttäuschungen wegen verpasster Pläne ein.


Kondition:
Man kann natürlich ins Fitness-Studio springen, um seine Muskeln auf die kommenden Belastungen vorzubereiten. Auch Trainingsfahrten sind gut geeignet, sich selbst kennen zu lernen. Wir halten es eher mit den Radreise-Profis Peter Glöckner und Axel Brümmer, die sich vor ihrer Australien-Durchquerung einen Ranzen angefressen haben. Sie wollten unter den Strapazen ein bisschen von sich selbst zehren und argumentierten, die Kondition komme auf den ersten tausend Kilometern von allein. Das soll nicht heißen, Menschen ohne Radl-Erfahrung könnten sofort eine Riesen-Tour angehen. Eine grundsätzliche Fitness ist Voraussetzung.
Wir glauben aber, viel wichtiger als die körperliche Kondition ist die geistige Verfassung. Also haben wir, Kerstin; Benedikt und Bernd, (Elisabeth musste für das Examen zur Anästhesie- und Intensiv-Fachschwester lernen), eine 2000-Kilometer-Tour von München nach Rügen gemacht. Auf der zweiten Hälfte stieß Bernds Bruder Martin dazu. Während der zwei Wochen konnten wir ausprobieren, wie sich tägliche Strampeldistanzen von 100
und mehr Kilometern, Regen und das obligatorische Verfahren auf die Stimmung auswirken und wie man Streit vermeidet. Als wir die endgültigen Reise-Räder gekauft hatten, haben wir paarweise getrennt noch eine Alpenüberquerung drangehängt, um das Material zu testen und einzufahren.
Mit der psychischen Kondition ist Stress-Resistenz gemeint. Sie ist für jeden, der eine solche Radtour noch nicht gemacht hat, kaum einzuschätzen. Wer stundenlang Hitze und Staub ertragen hat, beginnt irgendwann, seine gesamte Umgebung zu hassen. Das Rad, die Packtaschen, die Straße und den blöden Arsch, der sich ein paar Meter voraus im Sattel bewegt. Ein falsches Wort kann zur Explosion führen. Man gehorcht in dieser Situation kaum noch seinem Verstand. Was ist dagegen zu tun? Abgesehen von der sorgfältigen Wahl der Reisebegleiter hilft nur der Vorsatz, ehrlich zu sein. Ärger nicht in sich reinfressen, sondern die Probleme aussprechen. Trotzdem muss man immer darauf gefasst sein, dass die Gruppe auseinander bricht. Für diesen Fall sollte die Ausrüstung so bestückt sein, dass sie leicht zu trennen ist, ohne jemanden zu benachteiligen.

Versicherungen:
Abenteuer sind lustig, aber man sollte sie bezahlen können. Wir raten dringend zum Abschluss einer Reisekrankenversicherung, denn eine ärztliche Behandlung kann das Budget schnell auffressen.
Das Angebot in Deutschland ist auf die Bedürfnisse eines Durchschnittsbürgers ausgerichtet, der höchstens zwei bis dreimal pro Jahr für einige Wochen in den Urlaub fährt.
Einige Gesellschaften bieten jedoch auch Policen für Langzeitreisende an. Man muss den jeweils günstigsten Tarif durch Recherche ermitteln. Der Leistungs-Umfang sollte nicht zu gering gewählt werden. Reisegepäck- und Reisehaftpflicht sind nicht empfehlenswert, auch wenn viele Versicherungsvertreter etwas anderes sagen. Meistens verweigern die Gepäckversicherer die Zahlung, wenn sie der Meinung sind, ein Diebstahl sei auf grobe Fahrlässigkeit zurückzuführen - das Argument sticht fast immer, denn jede Unachtsamkeit fällt in diese Kategorie. Private Haftpflichtversicherungen, die in Deutschland ohnehin jeder haben sollte, gelten weltweit und machen eine Spezialpolice überflüssig.
Wir hatten außerdem eine Reiserücktritts-Versicherung (kostet etwa 30 Mark pro Nase) abgeschlossen, da bei vier Leuten leicht mal jemand krank werden kann, und man den Start verschieben muss. Wer sicher ist, dass dem Termin nichts in die Quere kommt, braucht die Police natürlich nicht.


Sprachen:
Man lernt Menschen nur kennen, wenn man mit ihnen reden kann. Für Amerika ist das ziemlich einfach: Englisch und Spanisch reichen aus. Das eine haben wir aus der Schule mitgebracht, für das andere quälten wir Lehrerinnen in Privatstunden. Unser Wissen reicht für einen lockeren Small-talk und außerdem werden wir in Mexiko oder Guatemala an einem Crash-Kurs teilnehmen, um unser Spanisch noch ein wenig zu vertiefen.

Impfungen:
Infektionskrankheiten spielen in Europa kaum noch eine bedrohliche Rolle. Anders in den Tropen, wo im schwülwarmen Klima nicht nur Bananen, sondern auch Keime ziemlich gut wachsen. Es dauert eine Zeit, bis sich Reisende an das fremde Spektrum der Viren, Pilze und Bakterien gewöhnt haben. Das erste Zeichen ist meist ein Durchfall, der sich sehen lassen kann. Sofern möglich, sollte man in dieser Zeit ausruhen und dem Körper Gelegenheit geben, sein Immunsystem auf die neue Umgebung einzustellen. Nach der ersten Attacke wird man sich nicht so leicht eine weitere Magen-Darm-Infektion einfangen. Der Körper hält den Durchfall aus (sofern es kein Typhus ist) und lernt dadurch, mit den Keimen umzugehen.
Andere Infektionen sind viel strenger zu bewerten. Vor jeder Reise in außereuropäische Länder sollte man sich bei einem Tropenmediziner (Telefonbuch) oder im Tropeninstitut (ist den meisten Universitäten mit medizinischen Fakultäten angegliedert) kundig machen. Einige Impfungen sind unserer Ansicht nach jedoch unbedingt notwendig, das Impfbuch sollte bei folgenden Krankheiten auf dem neuesten Stand sein:
Tetanus (Wundstarrkrampf)
Polio (Kinderlähmung)
Diphterie (Halsbräune)
Hepatitis A (eine Form der viralen Leberentzündung; wird auch durch verunreinigtes Wasser übertragen)
ggf. Hepatitis B (ebenfalls eine virale Leberentzündung; wird ausschließlich über Blut und andere Körpersekrete übertragen)
für Frauen ist eine Röteln-Impfung sehr wichtig ! (Röteln verursachen Missbildungen an Kindern während der Schwangerschaft)


Je nach Reiseziel können folgende Impfungen empfehlenswert sein:
Gelbfieber (wird von einigen Ländern vorgeschrieben und darf nur von Ärzten verabreicht werden, die eine entsprechende Genehmigung der Bundesregierung besitzen)
Typhus
Cholera
Tollwut (Wegen der zahlreichen streunenden Hunde. Zwar haben auch außerhalb Europas viele Ärzte ein Serum vorrätig, das nach einem Biss gegeben werden kann, doch sind die Medikamente manchmal falsch gelagert oder so alt, dass das Risiko, sich durch eine solche Spritze Tollwut erst zuzuziehen, erheblich ist.)
Malaria (Es gibt einen Impfstoff, der in Kolumbien entwickelt worden ist. Er ist, soweit wir wissen, in Europa nicht erhältlich. Außerdem haben wir uns nur wenig mit dem Thema beschäftigt, weil wir nicht durch das Amazonas-Becken fahren, die einzige wirklich malariadurchseuchte Gegend in Südamerika. Als Stand-By-Medikament haben wir Mefloquin / Lariam mitgenommen; siehe Ausrüstung)


Finanzen:
Unser Standpunkt heißt: Wer reist braucht genügend Geld. Das klingt im ersten Moment vielleicht spießig, folgt jedoch einer Logik, die aus der Abscheu vor Schnorrern entstanden ist. Deutschland ist ein reiches Land, und wir sind - zumindest im durchaus berechtigten Urteil vieler Einwohner Südamerikas - mindestens wohlhabend. Wenn wir auf einen anderen Kontinent fahren, mit dem festen Plan, uns auf Kosten der Gastfreundschaft durchzuschlagen, handeln wir mehr als schäbig. In vielen Ländern ist das Gastrecht deutlich stärker ausgeprägt als in Westeuropa, und die meisten Geber sind ärmer als die Empfänger. Wir haben genügend Reise-Kollegen getroffen, die kaum eine Mark brauchten, um ein Land zu durchqueren. Sie sind Schmarotzer, die vermutlich annehmen, ihre holde Anwesenheit sei für einen Bauern in Peru oder Chile Lohn genug.
Natürlich nehmen wir ebenfalls Einladungen an, weil wir mit Menschen in Kontakt kommen wollen, aber wir revanchieren uns mit Gastgeschenken und legen es in einem Gespräch niemals drauf an, den Preis eines Hotelzimmers zu sparen.
Deshalb haben wir pro Nase etwa 20.000 Mark im Jahr zur Verfügung. Das Geld reicht nach aller Erfahrung leicht aus, denn je länger die Reise dauert, desto besser lernt man die lokalen Gegebenheiten kennen und lässt sich auf dem Markt nicht mehr ohne weiteres über den Tisch ziehen.
Wir haben für die Zeit unserer Reise eine Freundin mit einer umfassenden Vollmacht über unsere Konten ausgestattet.
Sie kann uns im Notfall Geld schicken und auch Rechnungen begleichen (z. B. für Ersatzteile), die in Deutschland anfallen.
Es gibt Globetrotter, die damit rechnen, unterwegs Geld zu verdienen und damit die Reise finanzieren wollen. In industrialisierten Ländern ist dagegen nichts einzuwenden. In Staaten jedoch, wo die Arbeitsplätze ohnehin rar sind, betrachten wir das als Raub an den Einwohnern. Abgesehen davon sind die Löhne für ungelernte Arbeitskräfte (was man als Reisender in den meisten Fällen ist) ohnehin so niedrig, dass sich der Stundenaufwand nicht lohnt.


DANKE SCHÖN !!

Wir glauben, die Rubrik „Vorbereitung“ ist der richtige Platz, um all jenen zu danken, die uns in den drei Jahren vor der Reise unterstützt haben. Sie haben viele Schwierigkeiten aus dem Weg geräumt, sind geduldige Zuhörer gewesen, haben angepackt und niemals gestöhnt, wenn wir Ihnen Mühe bereitet haben.

Zuerst wollen wir unsere Eltern nennen, für die es gewiss nicht leicht ist, uns wegfahren zu lassen.

Unsere Freunde Manuela und Andi haben das Projekt von Anfang an begleitet. Wir sagen Ihnen tausendmal Danke. Manuela verwaltet die Finanzen, während wir radeln. Andi hat sich als Webmaster viele Nächte um die Ohren geschlagen und eine tadellose Homepage eingerichtet. Ihr Sohn, Herr Max, hat das alles ertragen, ohne zu klagen.

Ein herzlicher Dank gilt:
Daniela und Ottmar für viele Rabatt-Prozente.
Arnd, dem MAD-Zeichner und Meister der flinken Feder, für den Cartoon auf der Frontpage.
Kirsten Kleie, weil sie sich Zeit für einen Fototermin
im Englischen Garten genommen hat, bei dem die
Portraits und Gruppenfotos entstanden.

Unseren Sponsoren, die auch an anderer Stelle ausführlich gewürdigt sind, und stellvertretend für alle Maximilian Hirsch, dem Chefkonstrukteur der PAKKA-Räder
Unserem „Leib“-Apotheker Andreas und seiner Frau Michaela für manchen guten Tipp.

Wir danken auch allen Freunden und Bekannten, die immer bereit waren, uns zu helfen.

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