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Die Idee

“Fremdsein - und wer ist fremder als ein Reisender? - macht das Leben verwundbarer, sprich intensiver. Jeder Augenblick destabilisiert, immer muß man sich neu arrangieren, für den täglichen Grind der Routine bleibt weniger Zeit. Die Gefahr, zweimal denselben Fehler zu machen, ist geringer. Die Chancen steigen, immer neue Irrtümer begehen zu dürfen. Das Herz verhornt langsamer, die Augen erblinden später, das Leben, das Wachsein dauert länger. Der Verstand, nicht täglich eingelullt von den ewig gleichen Bewegungen des Körpers, weigert sich trotzig, als Kleinhirn zu enden.“ Andreas Altmann (aus: Im Land der Freien)

Wir saßen in der Münchner Jazz-Kneipe „Unterfahrt“. Auf der Bühne klimperte Mal Waldron mit langsamen Händen seine Musik, so langsam, dass wir gleichzeitig zuhören und reden konnten. Wir, das waren an diesem Abend Kerstin, Elisabeth, Benedikt und Bernd. Außerdem saß eine Freundin dabei, die uns immer erschreckter anschaute, je weiter wir unsere Ideen spannen, je ernsthafter und unglaublicher unsere Pläne wurden.
Es war der Dreikönigstag 1998. Das Imax-Kino zeigte auf Breitleinwand „Mount Everest“, den Film über eine tödliche Expedition. Heinrich Harrers Versuch, den jungen Dalai Lama zu erziehen, lief unter dem Titel „Sieben Jahre in Tibet“.
Wir wollten zum Himalaya. In München aufs Rad steigen, durch die Türkei, Iran, Afghanistan, Pakistan, Indien, nach China und ins höchste Gebirge der Welt hinauf. Das wäre es, dachten wir.
Wer ein Rad hat, vor dem liegt die Welt. Wer lange genug durchhält, wird irgendwo ankommen, wo es anders ist, als zu Hause.
Der Abend endete mit dem Vorsatz, für mindestens ein Jahr unsere Lebensläufe zu unterbrechen. Wir fanden, es ist der richtige Zeitpunkt: Einerseits haben wir genügend lange gearbeitet, um das Abenteuer bezahlen zu können, andererseits ist der Wunsch nach Familie, Kindern und Häuschen noch nicht stark genug, uns in Europa festzunageln.

In den folgenden Monaten nervten wir auf Feten, gemeinsamen Abendessen, bei Wandertouren durch Alpen und Dolomiten oder in Telefonaten sämtliche Bekannten, weil wir, unabhängig vom Grad der Stimmung, plötzlich mit träumerischem Blick wegtauchten und von Freiheit, Abenteuer, Urlaub und Radfahren zu faseln begannen. Die Reaktionen fielen unterschiedlich aus. Manche glaubten kein Wort, manche heuchelten Interesse, weil „Das ist ja eine total superinteressante Idee!“, manche wollten Details hören.
Um die Kleinigkeiten hatten wir uns noch nicht gekümmert. Zwischen uns lief der Tour-Findungsprozess.
Bald hatten wir uns von Tibet als Ziel verabschiedet. Der Nahe Osten schien uns ungemütlich schwer bewaffnet, das Verhüllungsgebot für Frauen in islamischen Ländern schwächte die Begeisterung von Elisabeth und Kerstin beträchtlich.
Afrika, warum nicht Afrika? An der Westküste hinab zum Kap der Guten Hoffnung, auf der Ostseite wieder hinauf, bis Kairo. Wir könnten einen Kontinent umarmen, schwärmte Bernd. Kerstin, Elisabeth und Benedikt wackelten mit den Köpfen und zogen Zeitungsschnipsel aus der Tasche, auf denen von Bürgerkriegen, Hunger, Revolutionen und tödlichen Viruskrankheiten berichtet wurde. Ade, Afrika.
Die Welt wird klein, wenn man darüber nachdenkt, welche Ziele mindestens ein Jahr in Anspruch nehmen.

Wir entschieden uns für Amerika. Zuerst planten wir eine USA-Durchquerung von Boston, an den Großen Seen entlang nach San Francisco und Richtung Süden über San Diego, Mexiko, Guatemala nach Südamerika bis zum Kap Hoorn. Dann wurden wir realistischer, und beschränkten uns auf die Panamericana. Wir wollen in Vancouver starten und so lange südwärts fahren, bis der Kontinent zu Ende ist.
Auf dieser Homepage werden wir regelmäßig berichten, wie die Reise voran geht. Wir freuen uns über jeden Leser - vielleicht treffen wir uns sogar unterwegs. See you! iHasta luego!

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